RechercheRecherche ein-/ausklappen

Die 3 Recherchefunktionen für Ihre gezielte Suche in der Mobilservice Datenbank: Stichwortsuche, einfache Suchmaske (Piktogramme) und verfeinerte Suchkriterien (weiter unten).

In welchen Inhalten suchen?
Verkehrsmittel
Verkehrszweck

Auswahl aufheben

Urbane Grünrouten: Potenzial für den Fussverkehr

Erstellt am 30.08.2018

Fotomontage der „Voie verte“ im Bereich der Rue des Martinets: getrennte Verkehrsführung für den Fuss- und Veloverkehr, Gestaltung von Aufenthaltsbereichen, signaletisches Konzept und Beleuchtung.(Bild: SDRM 2017, Cahier 6) Fotomontage der „Voie verte“ im Bereich der Rue des Martinets: getrennte Verkehrsführung für den Fuss- und Veloverkehr, Gestaltung von Aufenthaltsbereichen, signaletisches Konzept und Beleuchtung.(Bild: SDRM 2017, Cahier 6)

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

  • Pendler
  • Gemeinden
  • Fuss
  • Velo
  • Freizeit

Investitionskosten

  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Jährliche Betriebskosten

  • hoch (ab Fr. 20'000.-)
0 5'000 20'000
  • hoch (ab Fr. 20'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration

Gemeindegrösse

  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Grünrouten („Voies vertes“) sind Planungskonzepte für agglomerationsdurchquerende Achsen des Fuss- und Veloverkehrs, die schrittweise umgesetzt werden. Bei genauerer Betrachtung kommt jedoch dem Velo in den meisten Fällen das Hauptaugenmerk zu. Grünrouten haben aber immer auch grosses Potenzial zur Verbesserung der Fusswegverbindungen. Damit der Fussverkehr ebenfalls von den Investitionen profitieren kann, sind im Planungsprozess einige wichtige Empfehlungen zu berücksichtigen.

Beispiel der Agglomeration Lausanne-Morges

Das „Projet d’Agglomération Lausanne-Morges“ (abgekürzt PALM) zeigt exemplarisch, wie das Fuss- und Velowegnetz von der Planung einer Grünroute profitieren kann. Die Grünroute des PALM stützt sich auf eine gründliche Analyse der bestehenden Situation und passt sich je nach Streckenabschnitt der jeweiligen Funktion an. Ausgehend von den spezifischen Bedürfnissen der Fussgänger (inklusive Aufenthalt) werden an die Situation angepasste Querschnittstypen entwickelt. Der erste realisierte Abschnitt befindet sich in einem innerstädtischen Bereich. Seine Dimensionierung wird stark durch die anspruchsvolle Topografie und das angrenzende Bahngeleise geprägt ist. Ein willkommener Nebeneffekt des PALM-Grünroutenprojekts ist die intensive Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden.

Beschreibung

Hintergrund

Grünroute („Voie verte“): Definition

Als „Grünrouten“ werden durchgehende, gemeinsame Fuss- und Veloverkehrsachsen bezeichnet, die der Förderung einer nachhaltigen Mobilität dienen (Grünrouten: Potentiale für den Fussverkehr, Fussverkehr Schweiz, 2018). Während Grünrouten im übrigen Europa meist als touristische Velowege in naturnaher Umgebung aufgefasst werden, hat sich der Begriff – zunächst in der Romandie und später in der übrigen Schweiz – mit einer anderen Bedeutung etabliert.

In der Schweiz ist eine Grünroute eine eigene durchgehende Achse, die:

  • wenn immer möglich separat vom motorisierten Verkehr geführt wird
  • den Velofahrern, Fussgängern und fahrzeugähnlichen Geräten (fäG) vorbehalten ist
  • in der Regel als Massnahme von Agglomerationsprogrammen durch den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds des Bundes (NAF) mitfinanziert wird
  • sowohl für den Alltagsverkehr als auch für den Freizeitverkehr konzipiert ist
  • zum grösseren Teil eine bebaute Agglomerationsumgebung betrifft, aber meistens auch Teilstücke in naturnahen Landschaften umfasst (z.B. gewässerbegleitende Wege)
  • interkommunal, manchmal auch interkantonal oder sogar grenzüberschreitend konzipiert ist
  • die Anliegen des Umwelt- oder Naturschutzes berücksichtigt.

Grünrouten müssen gut mit dem öffentlichen Verkehr und anderen Umsteigemöglichkeiten (Auto/Velo) vernetzt sein. Nur so sind sie eine attraktive Alternative zum motorisierten Individualverkehr und gewährleisten den flexiblen Einsatz verschiedener Verkehrsmittel.

Potenzial für den Fussverkehr

Die in der Schweiz als Grünrouten bezeichneten Verbindungen haben grosses Potenzial für eine Verbesserung des Angebots des Fussverkehrs. Die Grünrouten schliessen auf Neubaustrecken die Lücken im Fusswegnetz und tragen mit Zusatzmassnahmen auf bereits bestehenden Wegabschnitten dazu bei, den Komfort und die Attraktivität zu erhöhen. Weitere Merkmale von Grünrouten sind eine Wegleitung im Verbund mit einer eigenständigen Signaletik, die Gestaltung von Aufenthaltsbereichen sowie die Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass insgesamt die Sichtbarkeit der Fussgänger und Velofahrer erhöht wird. Einerseits direkt, durch ihre stärkere Präsenz im öffentlichen Raum, andererseits aber auch indirekt durch die positive Berichterstattung in den Medien.

Ein weiterer Vorteil von Grünrouten ist, dass diese Projekte im Rahmen von umfassenden Agglomerationsprogrammen entstehen. Im Vergleich zu isolierten Einzelprojekten erfordern sie mehr Koordinationsaufwand, sind aber in Bezug auf die Finanzierung und die zeitliche Realisierung besser planbar.

Aktuelle Beispiele von Grünrouten in der Schweiz

Grünrouten sind zurzeit ausschliesslich in der Romandie, nämlich in Freiburg, Lausanne und Genf in Planung oder bereits im Bau. Erste Teilstrecken wurden bereits eingeweiht und sind in Betrieb. Vereinzelt bestehen Projekte in der Deutschschweiz, die zwar nicht als Grünrouten bezeichnet werden, aber durchaus den Charakter von Grünrouten haben.

Angebot

Durch die PALM-Grünroute verbundene Ortschaften und Städte (Bild: Cahier 1, angepasst durch Fussverkehr Schweiz) Durch die PALM-Grünroute verbundene Ortschaften und Städte (Bild: Cahier 1, angepasst durch Fussverkehr Schweiz)

Die mit dem Kürzel PALM bezeichnete Grünroute entsteht im Rahmen des Agglomerationsprogramms Lausanne–Morges. Sie verbindet die Stadt Lausanne westlich mit den Agglomerationsgemeinden bis St. Prex und östlich bis Lutry. Das PALM verbindet die Stadt mit der Agglomeration für Fussgänger, Velofahrer und fäG wie Trottinette, Inline-Skates usw. Die Grünroute erstreckt sich über 15 km und 13 Gemeinden und verläuft, wenn immer möglich, getrennt vom motorisierten Individualverkehr. Die gesamte Strecke soll 2030 fertiggestellt werden. Der erste Abschnitt des PALM wurde im Juni 2018 eröffnet.

Für die Waadtländer Behörden bedeutet das PALM mehr als einfach eine neue Verkehrsachse; auf der PALM-Grünroute soll man sich sowohl im Alltag als auch in der Freizeit bequem bewegen können. Bei der Planung wurde darauf geachtet, dass die Strecke leicht zugänglich ist, die naheliegenden Ortszentren und wichtige Entwicklungsgebiete gut erreichbar sind und die Vernetzung mit dem öffentlichen Verkehr gegeben ist. Die einheitliche Signalisierung und Markierung sowie ein eigenes Logo sollen die Erkennbarkeit und Verkehrsführung erleichtern.

Erfahrungen

Das erste realisierte Teilstück der PALM-Grünroute befindet sich im Geländeeinschnitt Languedoc und führt entlang des Bahntrassees. (Bild: Cindy Freudenthaler) Das erste realisierte Teilstück der PALM-Grünroute befindet sich im Geländeeinschnitt Languedoc und führt entlang des Bahntrassees. (Bild: Cindy Freudenthaler)

Grünrouten werden oft entlang einer Bahnstrecke oder eines Flusses angelegt. Dies erweist sich als Vorteil, da die Strecken so relativ gerade verlaufen und nur wenig Steigung aufweisen. Dies ist auch beim im Juni 2018 eröffneten Abschnitt im Geländeeinschnitt Languedoc der Fall, der unmittelbar neben dem Bahntrassee verläuft.

Wirkung

Umwelt und Energie

Grünrouten sind insbesondere dem Fuss- und Veloverkehr vorbehalten. Als qualitativ hochstehende Angebote für Fussgänger und Velofahrer leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer umweltverträglichen Mobilität. Die Begrünung der Strecken unterstreicht den Schutz der Natur und Umwelt.

Gesellschaft

Grünrouten laden dazu ein, kurze und mittlere Strecken im Alltags- oder Freizeitverkehr aktiv zu Fuss oder mit dem Velo zurückzulegen. Der grüne Charakter oder die Nähe zum Wasser fördern zudem das Wohlbefinden der Benutzer. Grünrouten fördern deshalb die Bewegung im Alltag und tragen zur Gesundheit der Bevölkerung bei.

Wirtschaft

Sowohl der Fuss- als auch der Veloverkehr sind in Bezug auf den Ressourcenverbrauch und die Investitionskosten sparsame Verkehrsarten. Das Zufussgehen verursacht zudem am wenigsten externe Kosten im Verkehr; auf dem zweiten Platz folgt das Velo, dies als Folge der höheren Unfallgefahr (Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz, ARE, 2018). Die koordinierte Planung einer zusammenhängenden und gemeindeübergreifenden Strecke macht die Qualitätssicherung und die Optimierung von übergeordneten Netzüberlegungen einfacher.

Werkzeugkasten

Vorgehen

Der Planungsprozess der „Voie verte“ der Agglomeration Lausanne-Morges kann in mehrere Etappen eingeteilt werden:

  • Machbarkeitsstudie und Variantenvorschläge für den Streckenverlauf
  • Auswahl auf der Basis einer detaillierten Evaluierung
  • Verfassen eines in mehrere Teile gegliederten Planungsleitbildes
  • Entwicklung / Definition von Grundsätzen und Standardelementen für die Umsetzung der Grünroute
  • Projektierung und Umsetzung mit Berücksichtigung der örtlichen Voraussetzungen und unter Wahrung einer übergeordneten Richtschnur, damit die Gesamtstrecke weiterhin als Grünroute verstanden wird.

Um die Bedürfnisse des Fuss- und Veloverkehrs in die Planung einzubeziehen und insbesondere die gemeinsame Verkehrsführung zu definieren, hat die Stadt Lausanne den „Groupe accessibilité piétonne“ (GAP) und den „Groupe Deux-Roues Lausanne“ (GDRL) konsultiert. In der Region Morges wurden Workshops mit Velofahrern und Fussgängern veranstaltet.

Aufteilung in Abschnitte

Landschaftliche und territoriale Merkmale dienten als Grundlage für die Aufteilung in verschiedene Abschnitte. Einige Abschnitte sind eher als Themenpfade konzipiert, andere führen dem Wasser entlang. Wiederum andere Abschnitte haben eher städtischen Charakter, wie der Bereich rund um den Bahnhof Lausanne. Die Abschnitte werden gemäss ihrer Funktion unterschiedlich eingerichtet:

  • urbane Abschnitte: Stadtzentrum, Querung eines Dorfes, Wohnstrasse, Uferanlage
  • verbindende Abschnitte: Strassenverbindungen, Bahngeleise
  • naturnahe Abschnitte: „wilder“ Weg, Park und Promenade, Feldweg

Planungsleitbild

Ein mehrteiliges Planungsleitbild wurde für die Planung der Grünroute entwickelt:

  • Heft 1: Streckenabschnitte nach landschaftlichen Merkmalen
  • Heft 2: Planungsprinzipien
  • Heft 3: technische Empfehlungen

Das Leitbild befasst sich intensiv mit den Möglichkeiten, die verschiedenen Verkehrsteilnehmer (Velo/Fussgänger, Velo/Motorfahrzeug) im Mischverkehr zu führen. Für jede Kombination wird ein Streckenprofil bzw. Standardquerschnitt definiert. Auf einigen Abschnitten sind die Velofahrer aufgefordert, langsam zu fahren, auf anderen Abschnitten wird die Einrichtung von Begegnungszonen empfohlen. Ebenso wird der hindernisfreie Zugang zur Grünroute thematisiert, auch an Stellen mit Gefälle. Die Hefte 4, 5 und 6 befassen sich mit der Planung und Gestaltung einzelner Abschnitte.

In den Heften des Planungsleitbildes werden die Begrünung, die Beleuchtung und die Möblierung am Start und am Ende des Abschnitts, an anderen wichtigen Stellen und bei den Aufenthaltsflächen festgelegt (Heft 2). Die Überlegungen gehen über die Funktion der Grünroute als Verkehrsweg hinaus. Sie zeigen die Notwendigkeit eines attraktiven und qualitativ überzeugenden Fuss- und Velowegnetzes auf: dazu gehören die durchgehende Wegführung, der Belag sowie Trinkwassergelegenheiten. Das Gesamtkonzept garantiert eine hohe Qualität über die Gesamtstrecke und sieht beispielsweise homogen gestaltete Streckenabschnitte von mindestens 800 m Länge vor, was ungefähr 2 bis 3 Velominuten oder gut 10 Gehminuten entspricht (Heft 3).

Ein Logo, das auf Stelen, Pfosten, an Gebäuden oder am Boden angebracht werden kann, soll die Erkennbarkeit der Grünroute fördern und ihre eine eigene Identität verleihen. Die Projektpartner arbeiten zurzeit an einer „Notice d’emballage de la Voie verte“, also an einer Art Bedienungsanleitung für den Einsatz der signaletischen Elemente. Für einige Abschnitte, wie zum Beispiel die „Avenue de Provence“ entlang des Bahntrassees westlich von Lausanne, wird ein zweistufiges Vorgehen angewendet. Zunächst soll die Grundfunktion des Abschnitts sichergestellt und möglichst bald in Betrieb genommen werden; anschliessend die Gestaltung und der Komfort nachgebessert werden.

Abschnitt S6 „Lausanne Centre – Avenue de Provence“: kurzfristige Variante mit schmalem Trottoir und Veloführung auf der Strasse; Idealvariante mit Aufhebung von Parkplätzen, separatem Fuss- und Veloweg (4m) und begrüntem Mittelstreifen. (Bild: Cahier 6) Abschnitt S6 „Lausanne Centre – Avenue de Provence“: kurzfristige Variante mit schmalem Trottoir und Veloführung auf der Strasse; Idealvariante mit Aufhebung von Parkplätzen, separatem Fuss- und Veloweg (4m) und begrüntem Mittelstreifen. (Bild: Cahier 6)

Finanzierung

Die Baukosten sind stark davon abhängig, wie viele Kunstbauten wie Brücken oder Tunnels nötig sind. Die Projektkoordination zwischen den verschiedenen Gemeinden und die Sicherstellung der Finanzierung verursachen leichte Zusatzkosten. Ein Teil der Kosten wird durch die Finanzierung des Bundes im Rahmen des Agglomerationsprogramms Lausanne–Morges übernommen.

Marketing

Der Vorbildcharakter und der Nutzen von Grünrouten lassen sich gut gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit kommunizieren. Grünrouten verdeutlichen symbolhaft die Förderung des Fuss- und Veloverkehrs und werden positiv wahrgenommen. Die Realisierung einiger Abschnitte oder Kunstbauten benötigt viele Jahre und umfasst mehrere Legislaturperioden. Die Kommunikation über den Fortschritt der Realisierung der Grünroute bietet deshalb immer wieder Gelegenheit, um auf die Bedeutung einer aktiven und nachhaltigen Mobilität hinzuweisen.

Die beiden grossen Grünrouten-Projekte der Agglomerationen Genf und Lausanne sind in Internet ausführlich dokumentiert. Pläne, Fotos und Videos zeigen das Projekt, die Bauarbeiten und die realisierten Infrastrukturen. Da es sich bereits um grössere Projekte handelt, ist es angezeigt, feierliche Eröffnungszeremonien zu organisieren, wie dies beispielsweise die Behörden von Genf und Savoyen bei der Einweihung einer Fussgängerbrücke an der schweizerisch-französischen Grenze taten.

Weitere Informationen

Weiterführende Links:

Kontaktadressen und Bezugsquellen:

Ville de Lausanne
Service des routes et de la mobilité
Division espaces publics
Sebastiano Bernardoni, Projektleiter
Rue du Port-Franc 18, CP 5354
CH-1002 Lausanne

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat.

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis-Beispiels:

Fussverkehr Schweiz
Jenny Leuba
Klosbachstrasse 48
CH-8032 Zürich
Tel. 043 488 40 30
www.fussverkehr.ch

Dokumente

Dokumente auf Deutsch

Dokumente auf Französisch